Während es die Strokes bei ihrem beständigen Achtelnotenrhythmusgeschrammel beließen, gingen die Libertines so rustikal und energisch mit ihren Gitarren um wie The Jam Ikone Paul Weller mit seiner Rickenbacker-Gitarre. Sie erhoben es zu ihrem Stilmittel ihre Gitarren zwar zu beherrschen, aber immer bewusst rau und ungestüm mit ihnen umzugehen.
Um diese schier unbändigbare Energie und die von Dur-Tonarten geprägte Euphorie einzufangen ließ Produzent Mick Jones von Punk-Legenden The Clash die Band das Album großteils live einspielen. Die Platte macht schlicht Spaß zu hören. Es ist eine stark süchtig machende Euphorie. Lediglich das hymnische, versunkene Bandmanifest The Good Old Days steht der Hymnenhaftigkeit und Versunkenheit-halber in harmonisch Moll.
Das Gefühl einer ganzen musikheldenlosen Generation fingen die Libertines ein. Helden, die Pete Doherty in der Ode an die Heimatstadt – die London-romatisierende Hymne – Time for Heroes indirekt heraufbeschwört. Er schrieb das Lied während der Londoner May Day riots 2001 und stellt sein großes lyrisches Talent zur Schau „there’s fewer more distressing sights than that / of an englishman in a baseball cap / and we’ll die in the class we were born / well that’s a class of our own my love“ sticht heraus.
Barat, der erfahrenere, längerdienendere Musiker der beiden, schmiedete die anfangs poetische Akustikballade Dohertys zu einer echten, kraftvoll drängenden Indiehymne.
Die beiden Songwriter bedingten einander. Barat, der Doherty in jungen Jahren das Gitarrenspielen beibrachte, formte Doherty’s rohe Ideen und ergänzte sie mit seinen Gitarrenriffs und –soli im Stile der ganz frühen Kinks. Doherty hingegen beweist neben seinen Texten, auch sein stark ausgeprägtes Gespür für Melodien, wie in der beatlesque-melodiösen im 6/8 takt gezupften Ballade Radio America, die sich, zwischen zwei Akkorden pendelnd, in Tagträumen verliert. Und dem darauffolgenden Titeltrack Up the Bracket, in dem sich jeder Teil des Liedes ins Ohr wurmt. Dieses Gespür sollte noch in der grandiosen Strophenmelodie von Don’t Look Back into the Sun gipfeln. Die Libertines waren also mehr als die Summe ihrer Teile.
Auch die beiden Stimmen ergänzten sich wunderbar, ebenso gut wie Lennon und Mccartneys und fanden In Mitsing-Chören wie im Outro von Death on the Stairs ihre Bestimmung. Noch bevor die Gräben zwischen den Frontmännern sich vertieften und die flammende Euphorie von einer unterkühlten Melancholie erstickt wurde und mit zerrissenen Herzen gegeneinanderangesungen wurde.
Es war die Zeit als Doherty sein Anglistik-Studium wegen der Band abbricht und man mit wenig Geld erfolglos aber Song- und Gedichte-schreibend, rezitierend und vom Erfolg träumend in jeder noch so heruntergekommenen Bar und sogar Altenheimen spielt und mit diversen Drogen vorsichhinlebt und -dümpelt.
Das rumpelnde Death on the Stairs, das dieses Nichts-Tun und Nichts-Haben zelebriert, vertont dieses alte, frühe Gefühl am besten. Wenn Doherty’s noch unverrauchte, helle, runde und unschuldige Stimme den Beginn der zweiten Strophe nahtlos an Barat’s letzte Wörter des Refraingesangs anschließt, scheint alles möglich.
„We’ve got nothing no, we’ve got nothing at all“ singen sie im Outro. Und für den Moment gehörte ihnen die ganze Welt.