Picobello – Was Wir Sind

Am Puls der Zeit, das Lebensgefühl Wiens atmend und Rückschau in die Vergangenheit haltend: das ist die Musik von „Picobello“, einer deutschsprachigen Gitarren-Pop Band mit Indie, New Wave und 60er Einflüssen aus Wien, die es seit März 2019 gibt. Patrick Tilg (Gesang, Gitarre), Simon Mühlegger (bass), Max Marberger (synthesizer) und Simon Schenk-Mair (Schlagzeug) sind Picobello. Sie legten im Oktober 2020 ihren Erstling „Was Wir sind“ – eine sechs Lieder starke Singles-Collection aus dem ersten Jahr Picobello vor.

Die Inspiration für ihren Sound auf „Was Wir sind“ liegt großteils im New Wave der späten 70er bei Bands wie Blondie: die leicht kühlige Gitarre, das flächige Keyboard bzw. in Picobellos Fall der Synthesizer – und das tanzbare Schlagzeug. Es entsteht im Gesamten, auch durch den manchmal ravigen Synthesizer und pulsierenden Bass, ein sehr lebendiger Sound.

Durch ihr geschicktes Songwriting gelingt es Picobello – im Hochdeutschen – eingängige Lieder zu kreiieren, was in der silbenreichen hochdeutschen Sprache schwerer ist, als im Dialekt oder im Englischen. Neben den Gesangsmelodien sind es aber auch die Gitarrenriffs in Eng mich ein und Mädchen aus der U-Bahn, die ebenso eingängig sind.

Gegensätze, die in der Musik Picobellos vereint werden

Wichtig für Picobellos Musik sind Gegensätze: Der Opener Heiß spielt mit Gegensätzen im Temperaturempfinden: Textlich von der Hitze erzählend, die Instrumente nahe an der Abkühlung. Die Gitarre besucht die Surf-Schule an der Alten Donau.

Auch Sicherheit lebt vom Gegensatz zwischen plakativ gepredigtem Sicherheitsgefühl im Text, und der aufwühlenden musikalischen Begleitung vom Sechzehntel-Schlagzeug und der – im Indie/New Wave-Kontext – funkigen Gitarre, die sich Picobello von Franz Ferdinand oder den Talking Heads leihen.

Das Prunkstück des Albums Ende vom Anfang ist geprägt vom Gegensatz „modern / retro“. Es vereint Smartphone-Einspielungen sowie die im Stile der 60er simplen Akkordfolgen und den – zeitlich zwischen Moderne und den 60er-Jahren liegenden – Synthesizer.

Dadurch dass der Synthesizer dick aufgetragen und fast streicher-fähig wird, schwelgt man im Gesamteindruck in leichten Anklängen an die Streicher-Einlagen der 60er.

Ein modernes Album

Durch die Beschränkung auf 6 Lieder – den Release als Singles-Collection und Debütplatte gleichzeitig – ist eine Hitdichte vorprogrammiert und macht es zu einem fast fehlerlosen Vergnügen. Das Schöne an Picobellos Musik ist, dass in den zackigen, tanzbaren New Wave-Liedern wie Heiß oder Mädchen aus der U-Bahn immer auch eine Melancholie liegt, die den Liedern eine emotionale Tiefe gibt. Musikalisch liegen die stärksten Momente der Platte im unwiderstehlichen Songwriting und Gitarrenriff von Mädchen aus der U-Bahn und dem Indie-Schunkler Ende vom Anfang.

Die Integration der vielen Sound-Schnipsel von Christa Kummer und Politikern auf „Was wir sind“ zeigt, dass es ein Album ist, das modern sein will. Das zeigen auch die Picobellos Texte, die präzise und gesellschaftskritisch im Kommentieren des status quo sind. Trotz der Tatsache, dass im musikalischen Handwerk hitsicher und makellos exekutiert wird, lässt sich aber leider auch einwenden, dass es ein Album ist, dass ein wenig zu sehr und verkrampft versucht modern zu sein, was dann auch etwas unnatürlich wirken kann und man dem Album anmerkt.

http://www.picobello.band/

Feber Wolle Label/

 

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